McOrbitter

Der kostenlose Weltraumabenteuerroman

Die Zollkontrolle auf Beita Gemaune

Was ist in dieser Kiste?“ will der kleinste der 3 Raumhafenkontrolleure wissen.

„Draufstehen tut ‚Kaffee'“,

antwortet McOrbitter. „Lehrt man Euch während der Ausbildung also nicht nur nicht, wie man sich richtig wäscht, sondern auch kein Stück das Lesen?

Grrrr“ raunt es hinter McOrbitter und 3 Laserpistolen erfüllen den engen Frachtraum mit surrenden Ladegeräuschen. „Aufmachen!

Es ist wohl doch unumgänglich, ein wenig Charme zu versprühen. Schade, dass ich nie wirklich gelernt habe, wie das geht, denkt McOrbitter und lächelt gewinnend. Mit ruhiger Hand öffnet er die 4 Verschlüsse der Kiste und lässt den pneumatischen Öffnungsmechanismus seine Arbeit tun. Als zischend die Luft entweicht, spannen sich die Muskeln der Exekutivbeamten an. Kaffeeduft steigt auf und McOrbitter legt mit einer entspannt und zufrieden wirkenden Geste fast unbemerkt seine rechte Hand auf die entsicherte Laserpistole an seinem Gürtel.

Der unfaire Kain ist eine große Lenkrakete mit neuartigem Streuverhalten. Ihre außergewöhnliche Schadenswirkung ist im Umkreis von mehreren Kilometern verheerend für alles, was kein hochwertiges Schutzschild auf höchster Leistungsstufe besitzt. Als finales Taktikelement in einem Raumkampf bestimmt allein der unfaire Kain Gewinner und Verlierer.

Der Pilot McOrbitter soll die Waffe der hießigen autonomen Gruppe gegen Unterjochung durch das Marktkonglomerat Jonka4 überbringen. Ein Schmugglerjob, den er angenommen hat, um die Führungsebene der ansässigen Terroristen kennenlernen zu können. McOrbitter hat einen Auftrag aus unbekannter Quelle, der aus drei Teilen besteht, von denen einer gefährlicher ist, als der andere:

  1. Die große Lenkrakete „unfairer Kain D-Streu 34“ nach Beita Gemaune transportieren und durch den dortigen Zoll schmuggeln
  2. Die Rakete als Vorwand nutzen, um mit dem Boss der Terrorzelle „Autonome Gruppe gegen die Unterjochung durch das Marktkonglomerat Jonka4“ in Kontakt zu treten
  3. Den Boss eleminieren, mögliche Nachfolger identifizieren und mit der Bombe zum finalen Treffpunkt entkommen, oder wenn unvermeidbar, die Bombe zerstören

Sollte die Mission in allen Teilbereichen erfolgreich verlaufen, springen für McOrbitter genug Credits heraus, um ein paar Monate unterzutauchen und vielleicht alte Freunde zu besuchen, die noch auf freiem Fuß sind – und noch am Leben. Ein kleiner Teil der versprochenen Entlohnung wartet im Geheimfach im Cockpit bereits darauf, dass McOrbitter gleich wohlbehalten aus dem Frachtraum zurückkehrt. Er wird das Entladen der anderen, zur Tarnung mitgeführten Güter veranlassen und sich dann auf die Suche nach seiner Kontaktperson machen. Doch vorerst muss er diese 3 Idioten davon abhalten, aus falschem Diensteifer und Selbstüberschätzung ihre hässlichen Visagen unfreiwillig gegen von Laserstrahle
n zerschmolzene Fleischbrei-cocktails einzutauschen. Aber McOrbitter wäre nicht der erfolgreichste Söldner der Galaxie, wenn ihm die aktuelle Gefahrensituation auch nur einen Deut über den Kopf wachsen könnte.

„Ich habe schon gehört, dass sich Kaffee auf Beita Gemaune einer gewissen – naja – Beliebtheit erfreut. Wenn die Herren ihre Kontrolle abgeschlossen haben, könnte ich einige Packungen einer wirklich hochwertigen Röstung aus dem Tresor holen. Ich bin noch nicht lange Frachtpilot und jetzt etwas überfordert von allem. Da kann es gut sein, dass ich in solchen Situationen vergesse, anschließend wieder alles einzusperren. Ich weiß dann auch oft nicht mehr, wo ich bestimmte Dinge abgelegt habe, oder was überhaupt zu meiner Lieferung gehörte. Auch jetzt denke ich nur daran, was ich noch alles tun muss, wie die Sicherheitschecks oder das Entladen meiner anderen Waren.“

Eine der schussbereiten Strahlenkanonen verschwindet in einem abgewetzten Holster. Gleichzeitig unterstreicht McOrbitter seinen angedeuteten Bestechungsversuch mit einem Griff in die große Kiste. Er holt eine Hand voll Kaffeebohnen durch einen Riss in einem der Säcke hervor und saugt demonstrativ den würzigen Duft durch die Nase ein. Nach einer kurzen Pause und einem weiteren gewinnenden Grinsen lässt er die braunen Bohnen zurück in die Kiste rieseln und tritt einen Schritt zurück. Dabei lenkt er die Aufmerksamkeit der Dockarbeiter weg von der getarnten Raketentransportboxauf auf die hinter ihm befindliche Tresortüre. Ein paar Minuten intensive Bestrahlung aus einigen handelsüblichen Laserpistolen hätten dieses Modell mühelos aufgeschmolzen, aber dennoch wirkt die Tresortür erst einmal wie alle Panzertüren: wie etwas, hinter dem man nur Wichtiges und vor allem Wertvolles vermutet.

Aufmachen!“ tönt es von 2 der Beamten gleichzeitig. „Wir vermuten Waren, die zu verzollen sind!

Das Schlitzohr McOrbitter gibt hinter vorgehaltener Hand den Sicherheitscode ins Zahlenschloss ein und dreht mit einem festen Ruck am großen Verschlussrad der Metalltüre. Hinter ihm kommen erneut alle Pistolen aus ihren Holstern und werden mit einem drohenden Surren entsichert.

Nach einigen Klickgeräuschen aus dem Inneren löst sich die schwere Tresortür langsam von der Wand. McOrbitter wendet sich nicht von den 3 Mouguhls ab, während er die Öffnung für sie vergrößert. Im Tresorinneren kann man jetzt diverse kleinere Kisten erkennen und an allen Wänden angebrachte, weit geöffnete, leere Schließfächer, in denen kleine Schlüssel stecken. Auf den ersten Blick wirkt dieser Tresorraum wie geplündert. Aber was soll ein unbewachter Frachter
auch schon für großartige Schätze transportieren. Vor allem, wenn die größte Kiste an Board eine einfache Box voll mittelmäßigen Kaffees ist.

Zeig uns, was Du da hast!“ befiehlt der größte der drei Mouguhls. „Und mach schnell, wir halten uns schon viel zu lange in deinem schäben Wrack von einem Raumschiff auf!

„Hmm-hmm“

ist alles, was McOrbitter darauf entgegnet und mit einem „Da sind sie ja“ zieht er zwei 40cm lange Kunststoffschatullen hervor und hält sie den beiden ihm am nächsten stehenden Kontrolleuren entgegen. „Dies sind Sonderröstungen, die auf dem Markt großes Interesse wecken sollten, um, sozusagen, Lust auf ‚mehr‘ zu machen.

Die beiden größeren Mouguhls werfen sich kurz einen vielsagenden Blick zu und beäugen dann wieder interessiert die beiden Behältnisse. „Wir müssen die Frachtpapiere für diese – Sonderröstungen – sehen. Vermutlich verstoßen Sie gegen einen Paragraphen im Einfuhrgesetz von Beita Gemaune. Die Kisten und ihr Inhalt sind bis auf Weiteres von uns beschlagnahmt.“ Damit reißen die beiden Zollbeamten je eine Kiste aus den behandschuhten Händen McOrbitters.
Der Dritte Mouguhl grinst boshaft.

„Ich hoffe sehr, die Händler, für die ich arbeite, haben die nötige Lizenz. Wenn Sie möchten, können wir jetzt die Frachtliste mit den weiteren 147 Posten durchgehen. Ich habe sie gleich hier in..“

Das ist genug. Belästige uns nicht damit. Melde beim Ausladen alle Konsumgüter unter Angabe von Art und Menge, sowie Bestimmungsort beziehungsweise vertraglich festgelegtem Empfänger, damit die Frachtarbeiter die Zollgebühr berechnen können. Und dieser fliegende Mülleimer muss bis heute Abend aus der Anlieferungszone verschwunden sein. Haben wir uns verstanden Pilot?

„Hmm-hmm.“

Der Schmuggler McOrbitter sieht den 3 Beamten nach, bis sie mit ihrer Beute hinter diversen Gleitern und Versorgungsfahrzeugen des Raumhafens verschwinden.

Gut, dass sie mein kleines Knallbonon nicht gefunden und mich nicht nach meiner Kreditkarte gefragt haben. Danke, große Gier des kleinen Mannes.

McOrbitter vertut nach diesem kurzen Gedanken keine weitere Zeit und verschließt die große Kiste, in der eine der mächtigsten Lenkraketen dieses Teils der Galaxie unerkannt und kalt zwischen mittelmäßigen Kaffeebohnen auf statischen Stützen ausharrt. In den falschen Händen, könnten von politischen Attentaten bis hin zur Zerstörung von kleinen Raumstationen alle möglichen Übel mit diesem besonderen Spielzeug für Waffennarren verrichtet werden.

Danach überträgt McOrbitter alle Straßenkarten und Gebäudeblaupausen der Raumhafenzone und dieses Teils des Planeten auf seinen Integralspeicherchip im Rücken. Darauf haben einige Zettabyte an Daten Platz. Auch in einer chaotischen Zeit wie der, in der der Auftragsspion McOrbitter sein täglich Brot verdienen muss, ist Wissen Macht.

Eine halbe Stunde später überlässt er die Laderoboter und zwei Hafenarbeiter, die mit dem Entladen der Carmen beschäftigt sind sich selbst und begibt sich zum Shuttlejet, der ankommende Piloten in die schmutzigen Viertel mit ihren Spielhallen und Bordellen chauffiert. Stille und zurückhaltende Einzelgänger und pöbelnde laute Tunichtgute drängen sich auf den Sitzreihen im Speedjet, heiß darauf, unter Leuten zu sein und für ein paar Stunden etwas zu erleben, das ihnen in der Einsamkeit des Pilotendaseins die meiste Zeit über verwährt bleibt. Aber McOrbitter hat andere Ziele. Er muss ein Syndikat aufspüren und eine todbringende Bombe verkaufen. Vielleicht wenn er diesen Auftrag überlebt, wird er sein Glück an den Kartentischen eines Casinos versuchen, aber jetzt müssen zuerst die dafür notwendigen Credits verdient werden. Für einen illegalen Geheimagenten ohne gültige Kreditkarte am Arm, keine risikofreie Tagesplanung. Aber er ist der Mann McOrbitter und das ist seine Welt.

Fortsetzung folgt…

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McOrbitter - Ein Weltraumabenteuer Roman von
Benjamin Wingerter